Aus unseren Netzwerken
Schwindende Handlungsspielräume für Organisationen von LSBTIQ+
Berlin, 17.05.2018 – Menschenrechte verbieten Diskriminierung aufgrund sexueller Orientierung und Geschlechtsidentität. Daran erinnert der Internationale Tag gegen Homophobie, Transphobie und Biphobie (IDAHOBIT, auch IDAHOT oder IDAHOTB). In den vergangenen Jahren ist der Schutz der Menschenrechte von Lesben, Schwulen, bisexuellen, transgeschlechtlichen, intergeschlechtlichen und queeren Personen (LSBTIQ+) in den Fokus internationaler Menschenrechtspolitik gerückt. Im Jahr 2016 schuf der Menschenrechtsrat der Vereinten Nationen sogar das Amt eines unabhängigen Experten gegen Gewalt und Diskriminierung aufgrund sexueller Orientierung und Geschlechtsidentität – ein Schritt, der als historisch für den globalen Schutz der Rechte LSBTIQ+ gefeiert wurde.
Arbeit von Menschenrechtsorganisationen zunehmend eingeschränkt
Die zunehmende Anerkennung der gleichen Menschenrechte von LSBTIQ+ ist zu einem beträchtlichen Teil zivilgesellschaftlichem Engagement zuzuschreiben. In jüngster Zeit ergreifen Länder weltweit jedoch zunehmend gezielt Maßnahmen, die die Arbeit sowie die Freiheit - insbesondere die Meinungs-, Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit - von Menschenrechtsorganisationen einschränken. Diese Entwicklung ist Teil des Trends, der als "shrinking" oder "closing civil society space" (Einengung zivilgesellschaftlicher Handlungsspielräume) bezeichnet wird.
Länder wie Äthiopien, Russland oder die Türkei erschweren zum Beispiel Förderungen von Nichtregierungsorganisationen aus dem Ausland durch unzählige Rechtsvorschriften oder sie verschärfen administrative Auflagen für die Registrierung. Nicht selten werden Aktivist_innen und Nichtregierungsorganisationen offen diffamiert, kriminalisiert oder sogar inhaftiert, bedroht oder ermordet.
LSBTIQ+, die ohnehin in vielen Ländern schon lange bedroht werden und nur eingeschränkt agieren können, sind von solchen Entwicklungen besonders betroffen. Nationalistische, populistische und religiöse Gruppierungen, die vielerorts verschärfte internationale Grenz-, Asyl- und Gesundheitspolitiken durchsetzen, befördern maßgeblich Diffamierung und Diskriminierung.
Neue Studie zur finanziellen Förderung der Menschenrechtsarbeit von LSBTIQ+ im Globalen Süden und Osten
Auch die heute von Dreilinden gGmbH und dem Deutschen Institut für Menschenrechte veröffentlichte Studie "Regenbogen-Philanthropie 4" thematisiert die schwindenden Handlungsspielräume für Organisationen von LSBTIQ+ und Aktivist_innen und die aktuelle Situation von LSBTIQ+ weltweit. Für die Studie wurden Daten zu deutscher Förderung (durch staatliche und nichtstaatliche Förderer) der Menschenrechtsarbeit von LSBTIQ+ im Globalen Süden und Osten für das Jahr 2016 erhoben und mit Daten aus 2011 und 2013 verglichen.
"Regenbogen-Philanthropie 4" zeigt, dass sich die Gesamtsumme deutscher Förderung mit etwas mehr als drei Millionen Euro seit 2013 nahezu verdoppelt hat. Erfreulich ist auch, dass sich die Fördertätigkeit nichtstaatlicher Organisationen seit 2010 erhöht und diversifiziert hat – ein Zeichen, dass die Menschenrechtsarbeit von LSBTIQ+ in der entwicklungspolitischen Förderpraxis an Bedeutung gewinnt.
Die Studie zeigt aber auch, dass viele der seit 2009 vom Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) angestoßenen Projekte im Jahr 2016 ausliefen und nicht fortgeführt wurden. In der neuen Legislaturperiode sollten deshalb neue Maßnahmen zur Förderung der Menschenrechtsarbeit von LSBTIQ+ angestoßen werden.