Welttag für menschenwürdige Arbeit: Nachhaltigkeitssiegel feiern Nachfragerekorde
Bonn, 04.10.2023 — Mit Cotton made in Africa (CmiA), Fairtrade, der Better Cotton Initia-tive (BCI) oder Bio-Baumwolle gibt es zahlreiche Ansätze für mehr Nachhaltigkeit im Baumwollanbau. Das Bonner SÜDWIND-Institut sieht die Nachhaltigkeitsbemühungen der Branche jedoch kritisch: „Es muss deutlich mehr passieren, um existenzsichernde Einkommen für Kleinbäuer*innen zu erreichen und bis zum Jahr 2030 den Einsatz ge-fährlicher Pestizide um 50 % zu reduzieren“, so Dr. Sabine Ferenschild.
Armut trotz großer Nachfrage
Obwohl eine stets wachsende Zahl an Baumwollbäuer*innen ihre Baumwolle im Rahmen von Nachhaltigkeitsstandards wie CmiA, Fairtrade oder BCI anbaut, verharren viele von ihnen in Armut. Dabei gehören existenzsichernde Einkommen und eine gesunde Umwelt zum Kernbegriff von Nachhaltigkeit. Blickt man nach Afrika, dann sieht man, dass von den knapp 1,5 Millionen Tonnen Baumwolle, die die Staaten 2020/21 produzierten, knapp die Hälfte (46 %) inzwischen CmiA-zertifiziert sowie jeweils knapp 2 Prozent BCI- bzw. bio-zertifiziert waren. Das sieht auf den ersten Blick nach einer guten Entwicklung aus.
„Dennoch lebt ein großer Teil der Kleinbäuer*innen, die Baumwolle anbauen, weit un-terhalb eines existenzsichernden Einkommens”, so Ferenschild. “Eine neunköpfige Familie aus dem Norden Kameruns beispielsweise, die CmiA-Baumwolle anbaut, kommt auf nur ein Drittel des Einkommens, das für diese Region als existenzsichernd berechnet wurde.“
Deutliche Nachbesserungen notwendig
Angesichts der nach außen verkündeten Branchenbemühungen um mehr Nachhaltigkeit im Baumwollanbau, die u.a. vom Bündnis für nachhaltige Textilien und vom staatlichen Textilsiegel Grüner Knopf unternommen werden, ist diese Situation nicht tragbar. SÜDWIND fordert daher, dass alle relevanten Akteur*innen – die Nachhaltigkeitsstandards, die lizenzierten Unternehmen (wie zum Beispiel Aldi, Ernsting‘s family, Otto oder REWE), das Textilbündnis sowie der Grüne Knopf – Anstrengungen zu deutlichen Verbesserungen unternehmen.
„Eine wichtige Maßnahme wäre zum Beispiel die Erhöhung der Gebühren, die von Cot-ton made in Africa oder der Better Cotton Initiative erhoben werden“, so Roger Peltzer, Experte für Baumwollanbau in Afrika: „Mit höheren Einnahmen könnten Kleinbäuer*innen direkt unterstützt werden, ob durch Prämienzahlungen oder höhere Investitionen in ihre Produktivität.“
Einsatz von in der EU verbotenen Pestiziden
„Darüber hinaus wird es höchste Zeit, den Pestizideinsatz zu reduzieren. Denn Baumwolle ist weiterhin die Feldfrucht, bei der weltweit die meisten chemischen Pestizide eingesetzt werden – darunter viele, die in der EU längst verboten sind“, so Dr. Sabine Ferenschild.
„Damit wir wirklich von nachhaltiger Baumwolle sprechen können, müssen die Baum-wollbäuer*innen endlich das bekommen, was ihnen zusteht: ein existenzsicherndes Einkommen und eine gesunde Umwelt.“
Neue SÜDWIND-Publikationen anlässlich des Welttags für menschenwürdige Arbeit und des gleichzeitigen World Cotton Day:
Factsheet „In weiter Ferne: Existenzsichernde Einkommen im Baumwollanbau“
Zeitungsbeilage „Auf dem Weg. Nachhaltige Baumwolle: Zertifiziert – und dann ist alles gut?
Kontakt:
Dr. Sabine Ferenschild
Wissenschaftliche Mitarbeiterin
+49 (0)228-763 698-16