Deutschland enthält sich beim EU-Lieferkettengesetz: Rückschritts- statt Fortschrittskoalition
Bonn, 06.02.2024 — Die Bundesregierung wird sich in der am kommenden Freitag bevorstehenden Abstimmung zum EU-Lieferkettengesetz enthalten. Das erklärte Bundesarbeitsminister Hubertus Heil am Dienstag gegenüber der Nachrichtenagentur Reuters. Das SÜDWIND-Institut für Ökonomie und Ökumene in Bonn hält diesen Schritt für politisch verantwortungslos.
Eva-Maria Reinwald, Referentin für Globale Wirtschaft und Menschenrechte, kommentiert:
„Für das EU-Lieferkettengesetz wurden in langen Aushandlungsprozessen Interessen gegeneinander abgewogen und Kompromisse gefunden. Trotz Einschränkungen wäre die Regulierung ein wichtiger Meilenstein für den Schutz all jener Menschen, die mit uns über globale Lieferketten verbunden sind. Sie würde Unternehmen erleichtern, den längst überfälligen Weg zu einer menschenrechtsbasierten und nachhaltigeren Wirtschaft einzuschlagen.
Dass die Bundesregierung, die das EU-Lieferkettengesetz bis zuletzt mitverhandelt und eigene Positionen durchgesetzt hat, der Einigung nun ihre Zustimmung entzieht, ist ein herber Schlag ins Gesicht für alle Betroffenen von Menschenrechtsverstößen. Statt als Fortschrittskoalition die Zukunftsfähigkeit europäischer Wirtschaft zu stärken, verspielt die Ampel als Rückschrittskoalition jede Glaubwürdigkeit als verlässlicher Verhandlungspartner.“
Dr. Jiska Gojowczyk arbeitet bei SÜDWIND zu Verantwortung in Wertschöpfungsketten in der Schuh- und Textilindustrie – ihr Statement:
„Die Entscheidung für eine Enthaltung ist direkte Komplizenschaft mit ausbeuterischen Betrieben entlang der Lieferketten. Ich habe erst kürzlich mit vielen Frauen in Indien und Indonesien gesprochen, die unter miserablen Bedingungen ihre Gesundheit in der Schuh- und Bekleidungsindustrie opfern. Ich habe ihnen gesagt: Wir arbeiten daran, dass eure Rechte in Europa gestärkt werden. Ab heute müssen wir aber sagen: Die Bundesregierung ist kein Verbündeter für eine gerechtere Welt.“.
Hintergrund zu SÜDWIND:
Ein rechtlicher Rahmen für wirtschaftliches Handeln, der ökologische und soziale Standards verbindlich regeln soll, steht seit Jahren im Fokus der Studien und Recherchen von SÜDWIND. Daher ist ein Lieferkettengesetz eine zentrale Forderung des Instituts. Die SÜDWIND-Studien zu den Arbeitsbedingungen in der Textilindustrie in China, Indonesien und anderen Ländern haben dazu beigetragen, Themen wie menschenwürdige Arbeitsbedingungen, Sozialstandards und die soziale Rechenschaftspflicht von Unternehmen auf die Tagesordnung von Politik und Unternehmen zu setzen.
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